Untersuchungen zum sozialen Lernen (2002)
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Abstract
Vorbemerkung: facettenreiches Thema 1. Facetten des sozialen Lernens S. 90 überlappende Problemkreise müssen getrennt werden 1.1. Soziales Lernen als dem sozialisatorischen Basisprozesss: - jegliches Lernen ist sozialer Prozess, der die Problemlösungskapaität eines Menschen ausformt; - interaktionale, ko-konstruktivistische Ansätze (Entwicklungspsychologie, soziologische Sozialisationsforschung) - soziale Konstitutionen der Entwicklung von Fähigkeiten = Kompetenzen; Grundsätzlich: aufgrund der Deutungsübermacht der Umwelt muss das Kind in die angebotenen Vorstellungen hineinschlüpfen und seine Rolle übernehmen; Wissen und können, Empfindungen und Bereitschaften sind das Ergebnis gemeinsamen Tuns und aufeinanderbezogenen Denkens, wie das Piaget, Mead, Vigotsky postulieren (S. 91). Youniss (1994) erweiterte diese Vorstellung durch Ko-Konstruktionen, betont die Prozesshaftigkeit des Wissens- und Kompetenzerwerbs und die Bedeutung des realen Gegenübers für die kindliche Entwicklung. Krappmann und Oswald (1995) haben nachgewiesen, dass enge Beziehungen ein Nährboden voller Anregungen für soziokognitive und kognitive Entwicklungsschritte sind. Petillon und Flor (1997) betonen, dass Kinder bereits in früher Kindheit selbständig und erfolgreich ihre Welt auf spielerische Weise erschliessen. Gemäss Krappmann ist noch viel Forschung erforderlich, bis das Zusammenwirken von individuellen Voraussetzungen, sozialen Beziehungen und Sachanforderungen im Rahmen von Unterrichts- und Lernmodellen transparent wird (S. 93). 1.2 Soziales Lernen als erleichternder Rahmen für Lernprozesse (S. 93) - lebensweltliche, soziale Erfahrungen der Kinder berücksichtigen = Konsens; theoretisch basiert dieser auf der Unterscheidung von extrinsischer und intrinsischer Motivation: freundliche Atmosphäre, kindergemässe Einkleidung der Aufgabe, Interessennähe, ermutigende Beziehung sind jedoch eher der extrinsischen Motivation zuzuordnen; allerdings ist Unterscheidung schwierig - aber Anerkennung des Kindes als Person in seiner Lebenssituation (d.h. Haltung entscheidend - Rita!) wichtiger als manipulatives Eingehen auf das Kind. Denn das Kind als Subjekt ansprechen muss sich am "Respekt gegenüber der individuellen Eigenart des Kindes festmachen" (S. 93). Humor als Unterstüzung von Lernprozessen bisher nicht berücksichtigt, wäre aber wichtig. 1.3 Soziales Lernen als Lernen erwünschten sozialen Verhaltens (S. 95) Soziales Lernen für viele Lehrpersonen = Kinder zur Zusammenarbeit, zur argumentativen Konfliktlösung und zur gegenseitigen Hilfe fähig und bereit zu machen. Soziales lernern = Vorbereitung der Kinder auf ihr soziales Leben, das in "Autonomie und Verbundenheit" gestaltet werden kann, bzw. eigenverantwortlich und gemeinschaftsfähig sein (S. 95). Bei Bandura (1976) heisst das social learning theories, wobei Sozialkompetenz hier keine autonome Dimension ist; daher sollte von sozialer Erziehung gesprochen werden, wie Gerd Schäfer (1994) betont. Denn dieser Begriff schliesst das Subjekt und seine Verantwortlichkeit sowie unbewusste Prozesse, Auseinandersetzungen mit Werten und institutionellen Bedingungen ein. Manko: Bisher wird soziales Lernen von den Ergebnissen her beurteilt, gemäss Krappmann genügen sozial-lerntheoretische Ansätze nicht, um das Erlernen angemessenen Helfens unter Kindern zu begreifen/erklären. "Die wechselhafte Sozialerfahrung ist der Motor der Kompetenzbildung" (S. 97). 1.4 Soziales Lernen als moralisches Lernen (S. 98) Kohleberg (1968) sah Kinder als MoralphilosophInnen; These 1: Bemühungen um stabile, vorhersehbare Interaktions- und Beziehungsverhältnisse bringt Kinder dazu, zwingt sie dazu über angemessene Regeln mitmenschlichen Umgangs nachzudenken - über das, was fair, gerecht und solidarisch ist. Gegenthese 1: Nur Erwachsenen können Kindern moralische Grundsätze vermitteln. Gegenthese 2: Die soziale Kinderwelt ist ein gutes Übungsfeld für die Anwendung der Gegensätze und Normen, die Erwachsene ihnen vermitteln wollen. Krappmann stellt die Frage - sind die Interaktionen unter Gleichaltrigen der beste oder gar der alleinige Boden für moralische Entwicklung? Kinder profitieren bei vielen Themen vom Vorsprung älterer, überlegener PartnerInnen, vorausgesetzt diese geben ihr Wissen ohne Besserwisserei und Aufdrängung weiter. Somit scheint Kegans These - Die Aneignung von Wissen und Können bedarf der Einbettung, der stützenden Kultur (Robert Kegan 1986) immer noch Gültigkeit zu haben. 2. Soziales Lernen oder Selbstbildung? (S. 99) Die Notwendigkeit der "stützenden Kulturen" bindet Lernen an Wissenstraditionen zurück, widerspricht der emanzipatorischen Hoffnung der Selbst-Bildungsprozesse der Selbstsozialisation (Zinnecker 2000) von Kindern. Diese anderen, an denen sich die Sich-Entwicklenden und Lernenden abarbeiten sind einerseits gleichaltrige, jüngere oder ältere Kinder und andererseits auch Erwachsene Eltern, Lehrpersonen u.a. Diese Weitervermittler sind wichtig, denn es kann nicht alles neu ko-konstruiert werden - vieles wird aus der Sicht der Nachwachsenden "interpretativ rekonstruiert" (Corsaro 1992). Wichtig ist gegenseitiger Respekt und nicht äusserliche Gleichheit. Sozilaes Lernen braucht das zum Lernen bereite Ich und die anderen. Diese Lernprozesse bringen "die Lernenden und die gleichen oder ungleichen anderen in ein interaktives, ko-konstruktives Verhältnis im Rahmen einer stützenden Kultur" (S. 101).
Bibliographic entry
Krappmann, L. (2002). Untersuchungen zum sozialen Lernen. In H. Petillon (Ed.), Individuelles und soziales Lernen in der Grundschule - Kindperspektive und pädagogische Konzepte (Jahrbuch Grundschulforschung No. 5) (pp. 89-102). Opladen: Leske + Budrich.
Miscellaneous
Publication year | 2002 | |
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Document type: | In book | |
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